Bibelstudium: Familie in der Bibel
Teil 1: Die Rolle der Familie im Alten Testament IV
- Wie im Volk Israel der Glaube an die Kinder weitergegeben wurde
In dieser Blogbeitrag-Serie wollen wir entdecken, was aus biblischer Sicht die Aufgabe der Familie ist und wie Familien in der heutigen Zeit diese Aufgabe leben können.
Im ersten Teil dieser Serie geht es darum, welche Rolle die Familie im Alten Testament hat.
Im letzten Beitrag haben wir dies ersten zwei Schwerpunkte entdeckt, die Mose dem Volk Israel weitergegeben hat, wie sie den Glauben an ihre Kinder weitergeben können. Hier folgen nun die letzten drei der fünf Schwerpunkte.
3. Es geht um Beziehung (5.Mo 6,5)
5. Mose 6,5:
„5 Ihr sollt den Herrn, euren Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit eurer ganzen Kraft lieben." (NL)
In seinem nächsten Punkt macht Mose deutlich, dass es in ihrem Glauben an Gott nicht nur um das stumpfe Einhalten der Gebote geht, sondern um Beziehung.
Diese Aussage ist für das Volk Israel etwas komplett Neues, denn vorher lag der Schwerpunkt zwischen ihnen und Gott immer darauf, wie sie die Gebote einhalten und wie sie Gott anbeten, respektieren und fürchten können. Im AT lassen sich bis hierher nur sehr wenige Hinweise finden, die auf eine Verbindung zwischen Gottes Liebe und seinen Geboten deuten. „Es gibt Passagen über Gottes Liebe zu den Menschen oder über zwischenmenschliche Liebe, aber keine über die Liebe eines Menschen zu Gott.“[1]
So erklärt Mose hier, was das Volk in Zukunft braucht, damit ihr Glaube nicht zu einem bloßen Einhalten von Regeln verkommt. Der Unterschied zwischen einer rituellen Frömmigkeit und einem lebendigen Glauben liegt in der Liebe und in dem Beziehungsgeschehen des Menschen zu Gott.[2]
Mose redet von der Gefahr, dass der Glaube innerhalb einer Generation verloren gehen kann, wenn er nicht eine Herzensangelegenheit ist.[3] Die Beziehung zu Gott ist wichtiger als alle Regeln.
So dient auch alle Beziehung und Bildung im Volk Israel – im großen Gegensatz zu dessen Umwelt – dem einen Ziel, den Kindern zu helfen, ihre eigene Beziehung zu Gott zu entwickeln.[4]
Des Weiteren zeigt Mose hier, dass die Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation ebenfalls nur auf Beziehungsebene geschehen kann. Ein paar Verse später in 5.Mo 6,20ff spielt er noch einmal hierauf an. Er kündigt an, dass die Kinder in der Zukunft die Regeln hinterfragen werden und gibt den Eltern die Anweisung, ihren Kindern von ihren Geschichten mit Gott zu erzählen.
Mose will, dass die Kinder verstehen, dass sie Teil von Gottes Geschichte sind und Gott vertrauen können.
Die ganze Geschichte des Volkes Israel erzählt davon, wie treu Gott ist und dass man sich immer auf ihn verlassen kann. Als eine Folge dieses Vertrauens zu Gott, sollen die Israeliten die Gebote achten. Wenn die Israeliten Gott mit ganzem Herzen und ganzer Seele lieben, wird ihr Glaube automatisch in ihrem Leben für die nächste Generation sichtbar werden.
4. Es fängt bei den Eltern an (5.Mo 6,6)
5. Mose 6,6:
„6 Bewahrt die Gebote, die ich euch heute gebe, in eurem Herzen.“ (NL)
Als nächstes redet Mose davon, dass die Eltern den Glauben nur weitergeben können, wenn er auch in ihrem eigenen Herzen lebendig ist.
Der Glaube muss bei den Eltern selbst anfangen. So müssen sie den Glauben und die damit verbundenen Werte ihren Kindern vorleben.
Der Hauptgrund im AT, warum eine ganze Generation immer wieder den Glauben an Gott verliert, ist, weil die Elterngeneration ihr eigenes Glaubensleben vernachlässigt und Kompromisse eingeht.
Wir haben schon gesehen, dass die Weitergabe des Segens darin bestand, sich an die Gebote zu halten und nach Gottes Willen zu leben, um so ein Zeugnis und Segen für die nächste Generation und für alle Völker zu sein (Ps 128,1ff). Davon, ob die Eltern diese Verantwortung wahrnahmen, hing das Wohl des Volkes ab.[5]
Auf der anderen Seite geht es hierbei aber auch nicht darum, dass die Eltern perfekt sein müssen und den Glauben erst dann weitergeben können, wenn sie selbst alle Gebote halten. Mose macht deutlich, dass es um ihre Herzen geht. Es geht um ihre Haltung und ihre Sehnsucht nach Gott.
Wenn sie ihren Glauben authentisch – mit allen Fehlern und Schwächen – vorleben, wird es einen positiven Einfluss auf die nächste Generation haben.
5. Der Glaube muss in den Alltag integriert werden (5.Mo 6,7)
5. Mose 6,7
„7 Schärft sie euren Kindern ein. Sprecht über sie, wenn ihr zu Hause oder unterwegs seid, wenn ihr euch hinlegt oder wenn ihr aufsteht.“ (NL)
Im fünften Punkt geht Mose darauf ein, dass die Eltern den Glauben in ihren Alltag integrieren müssen, damit er an die Kinder weitergegeben werden kann.
In der Vergangenheit war Gott automatisch im Alltag der Israeliten präsent gewesen. Wenn sie nun wollen, dass das auch in Zukunft so ist, müssen sie den Glauben bewusst in den Alltag integrieren. Mose sagt im Prinzip: „Wenn ihr wollt, dass sich die Wahrheiten in die Herzen eurer Kinder einprägen, müsst ihr feste Rituale in eurem Zuhause einführen. In Zukunft werden euch viele Dinge ablenken und ihr werdet allzu schnell vergessen, wie wichtig ein tägliches Glaubensleben ist.“[6]
Das hebräische Wort, das in dem Vers für „einschärfen“ gebraucht wird, bedeutet, dass etwas solange gelehrt und wiederholt wird, bis es wirklich verstanden und verinnerlicht wird.[7] Rituale geben hierfür optimale Voraussetzungen.
Mose zeigt den Eltern, dass sie, wenn sie etwas Wichtiges weitergeben wollen, es in Rituale verpacken und im Alltag immer wieder wiederholen müssen.
Tatsächlich war im Volk Israel immer „das alltägliche Leben mit dem religiösen Leben verknüpft, beide waren eins und konnten nicht getrennt werden. Alles, was die Familie tat, war auf Gottes Gesetz gegründet.“[8]
Der Glaube war nicht nur mit dem Tages-, sondern auch mit dem Wochen- und Jahresrhythmus verbunden (z.B. Sabbat, Passah u.a. Festtage). „Die Bedeutung der großen religiösen Feste wurde in bestimmten Zeremonien [innerhalb der Familie] immer wieder erklärt“[9] und somit der Glaube lebendig gehalten (5.Mo 20ff; Esth 9,26-28).
Auch wurden z.B. Symbole zur Erinnerung an Gottes Taten aufgestellt (4.Mo 17,3; Jos 4,5-7).
Darüber hinaus hebt Mose bestimmte Tageszeiten hervor, die sich für das Lehren von Prinzipien besonders eignen. Die Eltern sollen also ihre Kinder immer wieder an den Glauben erinnern und die Erlebnisse mit Gott wachhalten (Jes 38,19).
Zusammenfassend zur Familie im AT können wir sagen, dass wir in ihm sehen, dass Familie eine Idee Gottes ist und sie – trotz ihrer Unvollkommenheit – von Gott gebraucht wird, seinen Segen und seine Liebe, zum einen im Volk Israel von Generation zu Generation, zum anderen zeugnishaft an alle Völker der Welt weiterzugeben.
In den nächsten Blogbeiträgen wird es um die Rolle der Familie im Neuen Testament gehen.
[1] Joiner, Reggie (2012): Lebe Orange. Gemeinde und Familie – gemeinsam stark. Asslar: Gerth Medien GmbH, S.65 [2] Wobei es bei dem Begriff „Liebe“ nicht um ein Gefühl, sondern um eine Willensentscheidung geht. Auch „das Herz ist nach biblischer Anschauung der Sitz des Willens und Ausgangspunkt des Handelns“. [3] In Rich 2,10-12 ist genau das eingetroffen, die neue Generation kannte Gott nicht mehr. Das hebr. Wort für „kennen“ („idy“) meint keine rein abstrakte Denkart, sondern schließt angemessenes Handeln aufgrund des Erkennens, mit ein. D.h., dass die neue Generation zwar die Geschichten von Gott kannte (im Sinne von Wissen), aber sie Gott selbst nicht mehr kannte (im Sinne von einer persönlichen Beziehung). [4] Da Gott als Ursprung aller Weisheit angesehen wurde (Spr 2,6), war Wissensvermittlung automatisch immer auch Glaubensvermittlung (besonders die Sprüche machen dies sehr gut deutlich), aber es ging nie nur um das reine Wissen an sich. [5] Sehr deutlich unterstreicht die Bibel diese Tatsache am Beispiel der herrschenden Familien in Israel. Folgte ein Richter oder später der König Gottes Anweisungen und Geboten und war seine Familie ethisch und moralisch gesund, so blühte auch das gesellschaftliche Leben im Land. War dies aber nicht so und die Familie lebte nicht nach Gottes Willen, ging es der Gesellschaft und dem ganzen Volk schlecht. Vgl. 1.Sam 2,12ff (Eli & Söhne); 1.Sam 8,3ff (Samuel & Kinder); 1.Kön 21 (Ahab & Frau) [6] Joiner, Reggie (2012): Lebe Orange. Gemeinde und Familie – gemeinsam stark. Asslar: Gerth Medien GmbH, S.73 [7] Das Lernen geschieht „dialogisch, im unentwegten Gespräch miteinander“. Betz (1982), S.92; Es geht nicht nur darum, den Inhalt zu vermitteln, sondern den Sinn dahinter zu verstehen. Vgl. in V.20 das hebr. Wort für „was“ leitet hier nicht eine Inhalts-, sondern eine Sinnfrage ein. [8] Alexander, Paul (1980): Die Welt der Bibel. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, S.194 [9] Alexander, Paul (1980): Die Welt der Bibel. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, S.194
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